Entdecke jetzt mein neustes Buch!

Lena in der Zeitschleife

In einem Häuschen, am Waldrand, lebte ein kleines Mädchen zusammen mit seiner Großmutter. Das Häuschen erstrahlte in den buntesten Farben.

Es war Winter. Schneeflocken wirbelten durch die Lüfte und ein weißer Teppich breitete sich über das ganze Land aus. Das kleine Mädchen namens Lena stapfte eingehüllt in Winterkleidung zum Haus hinaus Richtung Wald. Das machte sie besonders gerne um diese Jahreszeit, vor allem, wenn es ihr langweilig war. Doch sie durfte nicht allzu lange weg bleiben, da es bald dunkel werden würde. Zudem erzählte man sich gruselige Geschichten über den Wald, so dass es niemand wagte, tiefer hineinzugehen. Auch Lena hatte es bisher vermieden. Heute jedoch war alles anders. Sie war sehr neugierig und sie entdeckte immer wieder Neues, das sie sich im Wald ansehen wollte. So bemerkte sie nicht, wie sie sich immer weiter von Zuhause entfernte. Da vernahm sie seltsame Töne zwischen den Bäumen. Unheimlich war ihr nun zumute. Und plötzlich hörte sie ein Geräusch, das immer näher kam. Erschrocken drehte sie sich in diese Richtung und erblickte ein weißes Pferd. Nein, nein, es war nicht nur ein Pferd. Es hatte eine rosa Mähne, einen rosa Schweif und ein rosa Horn mitten auf der Stirn. Lena kniff ihre Augen zusammen, jedoch, als sie sie wieder öffnete, war es immer noch da. Ein Einhorn!


Langsam kam es näher und blieb neben der ängstlichen Lena stehen. Lena wich ein Stück zurück. Das Einhorn blickte ihr jedoch direkt in die Augen. Da fühlte Lena auf einmal eine unbekannte Vertrautheit und ihr wurde warm ums Herz. Die Angst war wie weggeblasen. Sie ging auf das Einhorn zu.
Dieses genoss das zaghafte Streicheln durch Lenas Hände. Lena wagte kaum zu atmen.
„Ob ich es reiten könnte?“, dachte sie nach. Sie war schon so lange nicht mehr auf einem Pferd gesessen. Nun aber wäre die Gelegenheit da. Sie strich sanft mit ihrer Hand über das weiche Fell. Dann nahm sie all ihren Mut zusammen und schwang sich auf dessen Rücken. Das Einhorn war erstaunlich ruhig und trabte einfach los.
Es ging seinen eigenen Weg, Lena konnte es nicht steuern. Doch sie genoss es einfach, mal wieder auf einem Pferderücken zu sitzen, so dass sie Zeit und Raum um sich herum völlig vergessen konnte. Bis sie merkte, dass die Dunkelheit schon hereingebrochen war und sie sich weit ab von Zuhause befand.


„Wir müssen zurück.“, flüsterte sie nun etwas ängstlich. Das Einhorn lief jedoch in die andere Richtung weiter. Lena hatte keine Wahl. Sie konnte nicht einfach abspringen bei diesem Tempo. Doch nach einiger Zeit blieb das Einhorn tatsächlich stehen. Mitten im Wald auf einer Lichtung. Der Mond leuchtete über ihnen und Lena stieg schnell ab. Daraufhin drehte sich das Einhorn zur Seite und galoppierte davon.
„He, du kannst mich jetzt hier nicht alleine lassen!“
Lena bekam Angst. Aber es nützte nichts, sie musste schnellstens zurück. Langsam lief sie die Lichtung hinunter. Plötzlich erhellte sich der Himmel und ein Sternenregen fiel auf sie nieder.
„Wow!“ Sie breitete ihre Arme aus, um die Sterne einzufangen, doch es gelang ihr nicht. Kurz bevor sie in Lenas Nähe kamen, lösten sie sich in Nichts auf.

Da erschien mittendrin ein Wesen, das immer näher auf sie zuflog. Erstaunt konnte sie eine kleine Fee erkennen. Das wusste sie deshalb so genau, weil ihre Großmutter schon öfters erzählt hatte, wie so eine Fee aussah und dass sich hier im Wald wohl auch eine verirrt hätte. Lena dachte immer, das wäre ein Märchen. Doch nun wurde ihr klar, dass es tatsächlich wahr ist.
Die kleine Fee schwirrte um sie herum und sprach:
„Hey, endlich hat das Einhorn dich hierher gebracht. Auf dich habe ich so lange gewartet.“
„Warum?“ Lena war etwas verwirrt.
„Dieser Wald ist seit Jahrhunderten verzaubert. Und du bist die Chance, den bösen Zauberfluch für immer zu beenden. Möchtest du mir helfen?“
„Was soll ich denn tun?“
„Folge mir.“
Zaghaft folgte Lena der kleinen Fee, die leuchtend vor ihr herflog, während der Sternenregen weiterhin sanft vom Himmel niederschwebte. Mittlerweile war es stockdunkel und Lena hätte sowieso niemals zurück gefunden. Ihr Weg führte mitten durch den Wald, als plötzlich eine Hütte zu sehen war. Die kleine Fee flog direkt darauf zu.
„Hier darfst du eintreten und alles weitere wird sich ergeben.“

Damit verabschiedete sich die Fee und der Sternenregen erlosch. Lena betrat vorsichtig und mit klopfendem Herzen die Hütte. Staunend nahm sie die weihnachtlich Stimmung war, welche sich ihr bot. Auf einem Holztisch stand ein Adventskranz und ein lecker gefüllter Lebkuchenteller. Im Eck stand ein wunderschön geschmückter Weihnachtsbaum. Überall brannten Kerzen. Die Atmosphäre war magisch. Es lag ein ganz besonderer Zauber in diesem Raum.
In einem Schaukelstuhl neben dem Fenster saß eine ältere Dame. Ihr graues Haar war oben zu einem Knoten zusammengebunden. Sie lächelte.
„Endlich bist du da.“
Lena antwortete etwas irritiert:
„Sie haben auf mich gewartet? Sie kennen mich doch überhaupt nicht.“
Die alte Damen gab keine Antwort, sondern bot ihr mit einer Geste an, doch auf dem Stuhl am Tisch Platz zu nehmen.
„Darf ich da etwas kosten?“
Lena merkte nun, dass sie wirklich großen Hunnger hatte. Zudem war sie froh, endlich nicht mehr in der eisigen Kälte verweilen zu müssen.
„Bediene dich.“, gab die alte Damen kurz zur Antwort. Lena ließ sich das nicht zweimal sagen und griff zu. Und dann redeten die beiden eine Menge miteinander, spielten Brettspiele und backten sogar ein paar Plätzchen zusammen. Es war ein wunderschöner Abend, doch es war auch spät geworden.
„Wohnst du eigentlich hier ganz alleine?“, fragte Lena und schob sich dabei genüsslich ein Plätzchen in den Mund.
„Ja das tue ich.“
„Oh, ist es dir da nicht manchmal langweilig?“
„Naja, langweilig vielleicht nicht, aber etwas einsam ist es manchmal schon.“
„Warum ziehst du dann nicht ins Dorf oder in die Stadt?“
Die alte Dame lächelte.
„Das geht nicht. Ich hab hier noch was zu erledigen.“
„Was denn?“
Darauf gab die Dame jedoch keine Antwort sondern zeigte stattdessen auf ein Regal mit Büchern.
„Kannst du hier ein Buch herausholen und mir was vorlesen?“
„Klar!“
Lena sprang sogleich von ihrem Stuhl auf und ging zum Regal. „Wow, was für ein großer Schatz an Büchern!“
„Ja, das ist es wirklich“, stimmte die Damen nickend zu.
„Magst du ein Märchen vorgelesen haben?“
„Ja sicher, was du möchtest, suche irgend etwas heraus.“
Lena zog ein dickes Märchenbuch heraus. Es besaß einen goldenen Rand und war ziemlich schwer. Sie setzte sich neben die alte Dame auf einen anderen Sessel, schlug die erste Seite auf und las laut:
„Es war einmal……..“


Lena versank so tief in die Geschichte, dass ihr nicht mal mehr bewusst war, dass sie vorlas. Es war, als befände sie sich in einer anderen Welt voller Zauber und Magie. Ab und zu war, nebend dem Kaminfeuer, nur das Blättern der Seiten zu hören. Und als sie am Ende angekommen war, lächelte sie glücklich, hob den Kopf und stellte voller Erstaunen fest, dass die alte Dame eingeschlafen war.
Vorsichtig zog sie die warme Decke ordentlich hin, damit sie nicht frieren musste. Dann kuschelte sich auch Lena in ihren Sessel und versank im Land der Träume.
Als sie am nächsten Morgen erwachte stellte sie fest, dass die alte Dame verschwunden war. Sie schaute überall nach, auch vor dem Haus, doch sie konnte sie nicht finden. Da fiel in der Morgendämmerung abermals der Sternenregen und dazwischen entdeckte sie die kleine Fee.
„Hey“, rief sie ihr zu, „du warst gestern einfach verschwunden. Und die alte Dame ist auch weg. Zu gerne hätte ich mich noch von ihr verabschiedet. Ich sollte jetzt schnell mal nach Hause. Ich denke, meine Großmutter macht sich Sorgen und sucht mich bestimmt. Wie konnte ich nur die Zeit so vergessen.“
„Sie wird dich nicht suchen, du bist in einer Zeitschleife gefangen, ohne es zu bemerken. Diese 24 Stunden sind dir zusätzlich geschenkt worden.Du hast noch den ganzen Tag zur Verfügung“.
„Wirklich? Zeitschleife? Warum?“
„Du bist die Erste, die sich für die alte Dame Zeit genommen hat. So viele Jahre sind vergangen. Kein Mensch besuchte oder entdeckte sie, weil alle Angst vor diesem Wald und dem bösen Zauber hatten. So wartete die alte Damen eine Ewigkeit, um von jemandem Zeit geschenkt zu bekommen. Denn es lag ein Fluch über dieser Gegend.“

„Ein Fluch?“ Jetzt wurde Lena neugierig und wollte mehr wissen.
„Ja ein Fluch. Das Einhorn, auf dem du geritten bist, das ist in Wirklichkeit die verwunschene Tochter der alten Dame. Sie konnte erst erlöst werden und zu ihrer alten Gestalt zurückkehren, wenn in dieser stillen und einsamen Gegend jemand vorbeikam und sich hier die Zeit nahm, für ihre Mutter da zu sein. Eine ganze Nacht, so wie du das getan hast, das war die Bedingung. Denn erst dann würde der Fluch gelöst werden, den ein böser Zauberer über die beiden gelegt hatte.“
„Warum hat dieser Zauberer das gemacht?“
„Manches kann man nicht erklären“ erwiderte die kleine Fee, „Aber du kannst dir sicher sein, dass die alte Dame nun endlich dahin gehen durfte, wo sie schon lange sein sollte.“ Die kleine Fee blickte dabei in den Sternenregen, der immer noch vom Himmel fiel.
„Und das Einhorn? Die Tochter?“
„War heute Nacht hier, als du geschlafen hast. Die beiden konnten sich nochmal in den Arm nehmen und sich voneinander verabschieden. Sie sind nun beide glücklich. Irgendwo wirst du der Tochter bestimmt bald begegnen. Und du wirst sie erkennen.“
Dabei lächelte sie geheimnisvoll.
„Komm, ich zeige dir den Weg zurück.“
Und so kehrte Lena am Abend zeitig nach Hause. Es war tatsächlich, als ob sie nie weggewesen wäre. Und doch würde sie diese eine Nacht, die eigentlich nie existiert hatte, nie vergessen.

Wenn du möchtest, dann lass deiner Phantasie freien lauf und denke dir aus, wo die kleien Lena die Tochter,welche für lange Zeit ein Einhorn war, wieder treffen würde und wie sie diese wohl erkennen konnte.

Veröffentlicht am: 
3/12/2020
Autor:
Antje Wäschle